16.04.2024

Politiken lustvoller Nutzlosigkeit gefällt mir. Das antworte ich ab jetzt, wenn mich jemand nach meinem Moosbeet auf dem Balkon fragt. Das Myzel hat theoretisch ausgedient, wir legen uns ins Moos.

15.04.2024

Solange ich die Zahnbürste vibrierend im Mund behalte, werden die Zähne schon sauber werden, denke ich. Alles eine Frage der Zeit und des Zufallswinkels. Nebenbei das Bett machen, die Einkaufsliste ergänzen, die Blumen gießen und die Wäsche sortieren – ich muss den Bürstenkopf nur mit dem Kiefer beständig hin und herbewegen, um irgendwann jeden Zahn einmal erreicht zu haben. Ein Affe, der unendlich lange mit Werkzeug in meinem Mund hantiert, produziert irgendwann eine professionelle Zahnreinigung. Die wird dann auch von der Krankenkasse übernommen, aber nicht die Schäden auf dem Weg dahin.

13.04.2024

Wenn niemand was zu deiner neuen Sommermütze sagt, dann passt die entweder sehr gut zu dir und deine Sorgen waren unbegründet, ODER alle sind so schockiert, dass sie lieber gar nicht sagen, um in kein Fettnäpfchen zu treten und dich nicht in eine unangenehme Situation zu bringen. Schön so taktvolle Freunde zu haben.

12.04.2024

Auf der Suche nach dem Ursprung des Ulrich Beck Zitats „Verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“ (womit die Veränderungsresistenz von Männern in Sachen Gleichberechtigung gemeint ist) stoße ich auf eine Seite von Väterrechtlern. Ein wahres Webmonster, laut eigener Angabe seit dem Jahr 2000 „parteilich im Sinne aktiver Vaterschaft“ von engagierten Ehrenamtlern betrieben, die sich nicht den „staatlichen Überwachungsorganen andienen“ und die „liebevolles, konstruktives und lebensbejahendes Verhalten von Müttern“ schätzen. Über 3.000 Unterseiten voll Aktivismus und Schmerz, die „sechs Bundesregierungen, acht »Pandemien« und eine staatliche Coronadiktatur überlebt“ haben. Der erste Link auf der Seite weist auf das Bündnis Sahra Wagenknecht.

08.04.2024

Der süßliche Geruch beim Überholen des Müllwagens am frühen Morgen. Hier im Prenzlauer Berg gleich doppelt Bio, aber solche Witze sind eigentlich durch, taugen nur noch für ein gelangweiltes Gähnen. Gleich zwei davon sehe ich in der leeren Eisdiele am Mittag. Angesagt sind 28 Grad, aber noch denken in der Pause nicht genügend Menschen an zwei Kugeln in der Waffel, damit es sich für so viele Sorten wirklich lohnt.

07.04.2024

Arbeitshose, Hosenträger, ein hochgekrempeltes kariertes Hemd und auf dem Kopf ein Seitenscheitel vom Wind oder Schweiß zerteilt. Mein Opa ist auf dem Foto leicht verschwommen, denn geht an der Kamera vorbei. Leicht entrückt, so wie auch die Erinnerung an seine Stimme langsam verblasst. So jung habe ich ihn nie gekannt. Ich könnte heute älter sein. Wie die meisten Fotos, die beim Familientreffen zum Mitnehmen auslagen, ist auch dieses nicht datiert.

In der einen Hand hält er einen Eimer, in der anderen, der rechten, nur den weiten Schwung des Arms. Hitlerjugend war in dem Jahrgang noch drin, oder? Auch eine Sache über die wir nie gesprochen haben. Seine Arme sind kräftigt und wessen Arme so schwingen, der hat ein Ziel, will wo hin oder ein Lied auf den Lippen. Wahrscheinlich beides.

Im Hintergrund sind überbelichtet ein Hof, mehrere Scheunentore zwischen Klinkerfachwerk und ein großes Dach zu sehen, das den Kopf oberhalb der Nase teilt. Die Augen meines Opas fixieren die Kamera. Ob ernst oder schelmisch ist schwer zu sagen. Ich sehe, was ich erinnere, den Protestantismus und den Charmeur. Pack das Ding weg und mit an, ich hatte nicht die Chance meine Frisur zu richten. Ich habe nicht nur die Haarstruktur, sondern auch die Eitelkeit geerbt.

05.04.2024

Das oversized Hemd mit der Stupsnase siezt mich. Ob Sie mir mal die Jacke rüberreichen können. Sie ist 22, stellt sich später heraus und vielleicht ist ihr auch nur unangenehm, wie lustig wir das finden.